Fehler beim Breitband-Ausbau gefährden die Gasinfrastruktur.
Der intensive Ausbau der Breitband-Infrastruktur insbesondere in Brandenburg führt zu einem deutlichen Anstieg von Schäden am Gasnetz der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg. Zwischen November 2022 und Mai 2023 sind durch die NBB fast 200 Schadensfälle erfasst worden, die meisten sind auf Baggerarbeiten und auf den Einsatz sogenannter Erdraketen zurückzuführen. Derartige Schäden haben nicht selten Ausfälle in der Energieversorgung zur Folge.
Der beschleunigte Ausbau des „schnellen Internets“ im Flächenland Brandenburg bringt Energieversorgern wie der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg zunehmend Probleme. Zwischen November 2022 und Mai 2023 sind in Brandenburger Netzgebiet der NBB allein 22 Schäden durch Erdraketen registriert worden, die zum Teil zu einem Ausfall in der Gasversorgung geführt haben. Insgesamt ist es durch Fremdfirmen zu 165 Schadensfällen im gesamten Netzgebiet gekommen, zu dem neben den Bundesländern Berlin und Brandenburg auch Teile von Sachsen und Sachsen-Anhalt gehören. Häufigste Auslöser sind Baggerarbeiten, hier liegen die Länder Berlin und Brandenburg mit jeweils fast 50 Fällen gleichauf. Zweithäufigste Ursache für Schäden an der Gasinfrastruktur ist der Einsatz von Erdraketen. Der NBB ist durch Schäden von Dritten im genannten Zeitraum ein Schaden von mehr als 400.000 Euro entstanden.
So waren in Priort-Elstal bei Wustermark im Landkreis Havelland im Oktober vergangenen Jahres über 1000 Haushalte mehrere Tage vom Netz getrennt, nachdem eine beim Breitband-Ausbau verwendete Erdrakete eine Hochdruckleitung beschädigte. Insgesamt 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der NBB und verschiedener Dienstleister waren bei dieser Großstörung über mehrere Tage im Einsatz, um nach der aufwendigen Reparatur alle Kundinnen und Kunden wieder mit Gas versorgen zu können.
In Berlin-Reinickendorf konnte im vergangenen Jahr nur durch den schnellen und professionellen Einsatz von Mitarbeitern der NBB ein zweistelliger Millionenschaden für ein Berliner Unternehmen abgewendet werden, nachdem eine Gasleitung durch eine Erdrakete getroffen und die Versorgung der Schmelzöfen des Werkes gefährdet war.
Erdraketen werden immer häufiger bei Tiefbauarbeiten eingesetzt, weil sie effektiv sind und die Vegetation schonen, da zur Leitungsverlegung keine kompletten Baugräben mehr ausgehoben werden müssen. Von der Startgrube ausgehend wird die Erdrakete – offiziell „pneumatisch betriebener Verdrängungshammer“ – bis zu 15 Meter durch das Erdreich getrieben, so dass eine Erdröhre entsteht, in die Rohre oder Leitungen in einem Arbeitsgang mit eingezogen werden. Voraussetzung für den Einsatz von Erdraketen ist, dass die Lage vorhandener Fremdleitungen bekannt ist – qualifiziertes Personal die Technik bedient.
Wer Tiefbaumaßnahmen plant oder durchführt, ist gesetzlich dazu verpflichtet, sich vorab bei den Netz- und Infrastrukturbetreibern vor Ort über mögliche Leitungsverläufe im Baugrund zu informieren. Planungsbüros und beauftragten Bauunternehmen entsteht ansonsten eine Schadensersatzpflicht gegenüber den betroffenen Netzbetreibern. Nach Einschätzung der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg kommt aber nur in etwa die Hälfte der Unternehmen der Verpflichtung nach, eine Leitungsauskunft mit einem halben Jahr Vorlauf einzuholen. Die NBB-Tochter infrest Infrastruktur eStrasse erteilt über ihr Leitungsauskunftsportal schon bei der Planung und vor Beginn von Tiefbauarbeiten Informationen über Trassenverläufe aller an das Portal angeschlossenen Netz- und Infrastrukturbetreiber.
Um vorzubeugen und Schäden vom Gasnetz abzuwenden, weist die NBB bei größeren Projekten im Breitband-Ausbau die ausführenden Unternehmen sogar am Einsatzort ein – allerdings nur, wenn diese sich bei der Netzgesellschaft melden. „Die Kenntnis über Trassenverläufe erhöht den Schutz der Beschäftigten auf Baustellen und beugt möglichen Schadensersatzforderungen bei eventuellen Leitungsbeschädigungen vor“, sagt Daniel Richter, Leiter Betriebsführung bei der NBB.
Die Erfahrungen der NBB aus den jüngsten Monaten decken sich mit den Erhebungen im Bauschadensbericht der VHV-Versicherungen, in dem ein kontinuierlicher Anstieg der jährlichen Schadensbeseitigungskosten um rund 24 Prozent genannt wird. Zu den erfassten Fehlerquellen gehören laut VHV die unzureichende Einholung von Leitungsauskünften sowie fehlende Fachkräfte bei parallel steigenden (technischen) Anforderungen an die Tiefbauarbeiten.